Marketingtexte sind verschrien: zu laut, verkäuferisch und vollgestopft mit Keywords. Und sie sind voller Floskeln, die wir 1001-mal gelesen haben. Marketingtexte kommen ohne Floskeln aus. Ich zeige dir, wie du sie erkennst, ersetzt und warum ich mein Publikum nicht fesseln will.

Floskeln sind das Kryptonit für deine Marketingtexte

Das Wort Floskel stammt vom lateinischen Wort flosculus und bedeutet „Blümchen“. In der Antike waren Floskeln vor allem Denksprüche (z.B. „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.“), heute sind es allgemein Redewendungen (z.B. „den Nagel auf den Kopf treffen“).

Floskeln fallen uns zuerst ein und haben ihre Wurzeln oft in sprachlichen Bildern. Unser Gehirn speichert sie automatisch ab, weil wir sie so oft gehört haben. Jeder kennt die beiden Floskeln oben, ohne zu wissen, was sie eigentliche bedeuten oder woher sie kommen.

Ein kreatives sprachliches Bild zu formulieren dauert länger, als eine der hunderten Floskeln aufzuschreiben. Da unser Oberstübchen neue sprachliche Bilder nicht kennt, fallen sie uns nicht bei der ersten Textversion ein.

Wenn ich an einer Textstelle ein Bild verwenden will, schreibe ich entweder eine der alten Floskeln auf oder gar nichts und markiere diese Textstellen (z.B. mit xxx). Beim nächsten Mal suche ich mir die markierte Stelle und ersetze sie durch ein neues sprachliches Bild, das mir eingefallen ist. Meist braucht es eine dritte Runde, bis alle Metaphern und Vergleiche sitzen.

Aber was ist so schlimm an Floskeln? Da sie jeder kennt, weiß das Publikum, was du ausdrücken willst.

Ja, aber jeder kann sie schreiben und Marketingtexte von der Stange sind die Folge. Sie killen deinen persönlichen Stil.

Wie du Floskeln erkennst

Floskeln sind fies. Es gibt so viele von ihnen, dass wir sie gar nicht als solche erkennen. Floskeln und abgedroschene Phrasen sind eine Grauzone. Es gibt nicht die bösen, ausgelutschten und die neuen, hippen Floskeln. Es ist Geschmackssache.

Ich kann die Phrase „Leser fesseln“ nicht mehr lesen. Es ist eine tolle Metapher, kommt aber in jeder Ecke des Internets vor. Andere Floskeln mag ich, obwohl sie oft vorkommen (z.B. „die Dosis macht das Gift“ oder „alt wie Methusalem“; ich mag einfach den Namen Methusalem). Wie du auch zu der ein oder anderen Floskel stehst, so erkennst du sie in deinem Text.

  • Sie fällt dir zuerst ein: Leser fesseln.
  • Es handelt sich um eine bekannte Wortkombination: kundenfreundlicher Service.
  • Sie ist Verkaufsblabla: Nur so lange der Vorrat reicht.
  • Es sind leere Begriffe, bei denen kein Bild im Kopf entsteht: innovative Idee.
  • Superlativen: mit größter Sorgfalt.
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Wie fesselst du dein Publikum?

Wie du Floskeln ersetzt

Mit ein paar Tricks vertreibst du alte Phrasen aus deiner Herde der Sprachbilder.

Fade Adjektive und Verben

Adjektive wie einfach oder Verben wie laufen sind vage und abstrakt. Wir wollen konkrete Begriffe. Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten:

Du ersetzt die vagen Begriffe durch konkrete:
einfachschlicht; laufenhetzen

Du verwendest Vergleiche:
so einfach wie das Einmaleins (oder als ironischer Kontrast: so einfach wie Quantenphysik);
er läuft wie ein Hamster auf Steroide

Du verwendest Steigerungen:
einfacher als Schuhe binden (oder als ironischer Kontrast: einfacher als den Passierschein A38 finden);
er läuft schneller als ein Gepard bei der Gazellenjagd

Achtung vor zu vielen Synonymen. Manchmal darf der Test einfach sein und der Läufer laufen. Wenn der Test in 5 Sätzen einfach, schlicht, leicht, trivial und pille-palle ist, meinst du es zu gut mit den kreativen Wörtern.

Aus alt mach neu

Einer meiner Lieblingstricks ist es, aus einer alten Phrase eine neue zu basteln:

  • Leser fesselnLeser bezirzen
  • kundenfreundlicher Servicewir betreuen dich mit Herz
  • nur so lange der Vorrat reichthurtig, bei Ausverkauf gibt’s keinen Nachschub
  • innovative IdeeZukunft? Da sind wir schon.
  • mit größter Sorgfalt Wir sind peinlich genau. Für Ihre Sicherheit.

Versuche nicht krampfhaft, neue Bilder zu erschaffen. Lass sie weg und sag konkret, auf was du hinauswillst.

Metaphern

Metaphern sind die Lieblingskinder vieler Autoren. Zurecht. Dabei werden Wörter aus einem Zusammenhang in einen neuen übertragen, ohne dass sie ursprünglich etwas miteinander zu tun hatten. Ein Draht und ein Esel haben nicht viel gemeinsam, zusammen bilden sie ein Wort für Fahrrad.

  • Willkommen in unserer StrickgruppeWillkommen bei uns in der Strickmafia

Setze Sprachbilder dosiert ein. Egal wie neu und kreativ sie sind, bei zu vielen entsteht ein Bildersalat ohne roten Faden.

Bilderwelten

Bilder, Phrasen und Begriffe aus einer Welt sind eine kreative Goldgrube, vor allem als roter Faden für alle deine Texte. Deine Hobbys und Interessen eignen sich prima dafür und sie hauchen staubigen Themen Leben ein:

  • Feuerwehr: Beim Website Zusammenschrauben sind wir schneller als die Feuerwehr.
  • Gärtnern: Wir ernten, du säst.
  • Kochen: 11 Zutaten für schmackhafte Blogartikel.
  • Popkultur: Unsere Bungalows sind so kuschelig wie eine Hobbithöhle.

Tipp: Mische keine Bilder aus mehreren Welten. Surfen, die Feuerwehr und kochen?

Ihr Geheimrezept: Sie war schneller als die Feuerwehr und surfte auf der Welle des Erfolgs.

Auch bei kreativen Unternehmen würde ich keine Bilderwelt darüber klatschen. Flechte andere Interessen ein oder arbeite mit den Wörtern aus deinem Gebiet (z.B. Blumendeko und segeln? Zu viele Welten. Verbinde dein blumiges Unternehmen besser mit deiner Katze, die dir mit ihren Samtpfoten bei den Gestecken hilft).

Neologismen und Anglizismen

Keine Angst vor Wortschöpfungen oder englischen Begriffen. Das Englische ist die neue Allgemeinsprache und das Deutsche eignet sich mit der Möglichkeit zu Bandwurmwörtern für neue Begriffe (Hast du schon mal The Awful German Language von Mark Twain gelesen?):

  • Education + Entertainment = Edutainment
  • Herzerlkanone auf Social Media

Adjektivierung und Verbierung (ja, Verbierung ist ein Wort)

Schreibratgeber warnen immer vor Substantivierungen (z.B. schreibendie Schreibung), weil sie nach sperrigem Bürokratendeutsch klingen. Drehen wir den Schaschlik um: Substantive werden zu Adjektiven oder Verben.

  • Kafkakafkaesk (für mich so ausgelutscht wie Leser fesseln)
  • Perledas Soda perlt
  • fischelnetwas riecht/stinkt nach Fisch

Sinneswahrnehmungen und aktive Verben

Wir haben fünf Sinne, nutzen wir sie:

  • sie vermutete Verrat sie schnupperte Verrat
  • die Deadline kam auf uns zu → die Deadline raste auf uns zu
Werbetexte ohne Floskeln

Marketingtexte ohne Floskeln leicht gemacht

Marketingtexte kommen auch ohne alte Phrasen aus. Wichtig ist, dass du sie erkennst, entscheidest, ob du sie brauchst und durch andere Wörter ersetzt. Unser Wortschatz ist noch lange nicht erschöpft und wir können uns mit der deutschen Sprache kreativ austoben. Für einen besseren Stil und bessere Texte.

Welche Floskeln hast du satt? Schreibe sie gerne in die Kommentare!