Wie verdient man Geld mit dem Schreiben? Mit meinen Kurzgeschichten, halbfertigen Romanmanuskripten und dem wahnwitzigen Traum vom Drehbuchschreiben in Hollywood. Prädikat: Unwahrscheinlich. 2018 fragte ich Madame Google wie man Geld mit dem Schreiben verdienen kann und stieß so auf die Texterbörse Textbroker. Auf der Plattform sollen Autoren und Auftraggeber zusammenfinden. Doch kannst du als Autor bei Textbroker wirklich Geld verdienen? Ich zeige dir, wie die Börse funktioniert, teile meine Textbroker-Erfahrung und nenne dir Gründe, nicht für Textbroker zu schreiben.

Textbroker für Autoren

Das Prinzip von Textbroker ist simpel: Auftraggeber, die Texte brauchen, lassen sie von den Autoren auf der Plattform schreiben. Blogartikel, Fachartikel, Produktbeschreibungen – für jeden Auftrag soll es passende Autoren geben. Ist Textbroker die Lösung?

Die vermeintlichen Vorteile von Textbroker:

  • Eine Menge Aufträge: Du hast Zugriff auf viele verschiedene Aufträge zu unzähligen Themen und Fachgebieten.
  • Keine Akquise: Textbroker wirbt damit, dass du nicht auf Kundenfang gehen musst. Du brauchst weder Website noch sonstige Marketing-Techniken, alles läuft über die Plattform. Du legst ein Profil mit deinen Fähigkeiten und Interessen an. Auftraggeber finden dich auf diese Weise.
  • Anonymität: Du arbeitest mit einem Pseudonym. Wenn du null Erfahrung hast, mit dem Schreiben Geld zu verdienen, verringert das die Hemmschwelle.
  • Die Entscheidung liegt beim Texter: Du bestimmst, welche Aufträge dich interessieren, ob du sie annimmst oder nicht.
  • Freie Zeiteinteilung: Du bist einer von den Lerchen, die um 5 Uhr morgens ihre Finger geladen haben und in die Tasten hauen? Oder bist du eher die Eule, die zur Geisterstunde auf Hochtouren läuft? Kein Problem: Du schreibst, wo und wann es dir in den Kram passt. Nur der Abgabetermin ist fix.
  • Honorar: Je besser deine Texte sind und je länger du dabei bist, desto höher ist der Verdienst. Die Auszahlung erfolgt über die Plattform, ohne dass du mühsam Rechnungen schreiben musst.

Das alles hörte sich sehr verlockend an. Vor allem als unerfahrene Texterin, die weder in einer Agentur noch als freie Texterin gearbeitet hat, wollte ich mit Textbroker als Autor in das Schreib-Business hineinschnuppern. Ich musste mich nur noch registrieren.

Ablauf und meine persönliche Erfahrung mit Textbroker

Nach der Registrierung verfasst du einen Probetext, der deine Fähigkeiten als Autor einschätzt. Das macht natürlich Sinn. Die Plattform selbst und die Auftraggeber möchten sich ein Bild davon machen, wie gut du eigentlich schreiben kannst. Als Probetext darfst du auch Texte einreichen, die du schon veröffentlicht hast. Ich habe einen Text aus meiner Unizeit hochgeladen, der auf einem Online-Kulturmagazin erschienen ist.

Dann heißt es abwarten. Die Plattform bewertet den Text und vergibt knuffige Sterne von 2 bis 5 (Stand Mai 2019). Das ist die vorläufige Einstufung deiner Skills. Hast du schon ein paar Texte geschrieben, überprüft Textbroker laufend deine Texte. Du kannst dich in der Bewertung hochschreiben, bei mangelnder Qualität stuft dich die Börse um eine Kategorie zurück.

Mein Ergebnis: Vier Sternderl. Bäm! Meine Motivation tanzte Tango.

UPDATE: Mittlerweile (Stand November 2023) schreibt Textbroker, dass sich die vorläufige Einstufung zwischen 3 und 4 Sternen einpendelt. Wenn du mehrere Texte verfasst hast, kannst du auf als 5-Sterne-Autor eingestuft werden. 5 Sterne versprechen ein besseres Honorar. So kannst du laut der Plattform gut verdienen.

Verdienst bei Textbroker

Am Beginn hast du nur Zugriff auf die Open Orders. Kunden stellen ihre Aufträge auf die Plattform. First come, first served: Wer am schnellsten auf die Aufgabenstellung klickt, darf loslegen.

Die Aufträge werden wie die Autoren in Sternekategorien eingeteilt. Stehen neben dem Auftrag vier Sterne, dürfen nur Autoren mit der Einstufung von vier Sternen oder höher diesen Auftrag bearbeiten. Abgerechnet wird nach Cent pro Wort.

Momentan (Stand November 2023) ist dein Verdienst für die Open Orders folgender:

⭐⭐⭐ 1,1 Cent/Wort

⭐⭐⭐⭐ 1,5 Cent/Wort

⭐⭐⭐⭐⭐ 4,5 Cent/Wort

Bist du ein Autor auf Stufe 4 und schreibst einen Text mit 1000 Wörtern, bekommst du € 15.

Ich lass das mal sitzen.

Nein, ich habe keine Null hinten weggelassen. Mit einer weiteren Null hinten dran wäre das Honorar unter Umständen in Ordnung.

15 mickrige Euro?!?!?! Das verdient man also als Profi-Texter. Na bumm. Ich wusste, wie lange ich an 1000 Wörtern bei einer Kurzgeschichte sitze. Und da habe ich weniger Rechercheaufwand.

Wenn wir von einem Stundensatz von € 60,- ausgehen, unter dem kein Selbstständiger / Freiberufler arbeiten soll (auch das ist mittlerweile zu wenig), müsste ich den gesamten Text in 15 Minuten erledigt haben. Natürlich komplett fehlerfrei, pipifein formuliert und wahrscheinlich soll er nach Japanischer Goldlilie duften.

Ich weiß nicht, welche radioaktive Spinne mich beißen muss, damit sich das ausgeht. Spiderman, bitte melden!

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Raj Eiamworakul

Na schön, ich bin fair: Ich halbiere meinen Stundensatz, weil ich noch keine Erfahrung hatte und null Akquise betreiben musste. Immer noch eine halbe Stunde.

Direct Order und Team Order

Aber halt, das ist ja nicht alles. Neben den Open Orders gibt es ja noch andere Auftragsarten, mit denen ich Geld verdienen kann.

Direct Order

Hier musst du nicht im Pool nach Aufträgen fischen. Du legst deinen Wortpreis selber fest (mindestens 2 Cent pro Wort) und hoffst, dass ein Kunde dich anschreibt. Aber: Keiner gibt dir so schnell einen Auftrag, wenn du 20 Cent pro Wort oder mehr verlangst und ein anderer Texter 4 Cent pro Wort. Also legst du den Preis zwischen den vorgeschlagenen 3 bis 5 Cent pro Wort fest. Passt. Packt die Taschenrechner aus, der Verdienst steigert sich ins Maßlose. 🙄

Auch mit 3 bis 5 Cent pro Wort bleiben die Verdienstmöglichkeiten minimal. Je mehr die Auftraggeber bezahlen, desto höher soll auch die Qualität sein. Verstehe ich, aber hochwertige Texte unter 10 Cent sind meiner Meinung nach nicht möglich (Warum eine Abrechnung nach Wortpreisen ohnehin nicht die beste Wahl ist, erfährst du weiter unten). Denn es steigt ja nicht nur der Verdienst bei hochwertigen Texten, sondern auch der Aufwand als Autor.

Team Order

Bei der Team Order legen die Kunden die Preise fest (mindestens 1,9 Cent pro Wort) und Autoren schreiben zu einem Fachgebiet. Wer sich auf einige Themengebiete spezialisiert hat, kann dazu immer wieder Texte schreiben und das unabhängig von der Sternebewertung als Autor.

Die Team Orders habe ich nie kapiert. Ich war in diversen Teams. Da war nie auch nur ein Auftrag zu vergeben. Manche Teams zahlen gar nicht so übel, aber wenn keine Aufträge da sind, hilft das nix. Es ist aber einige Jahre her, dass ich bei Textbroker geschrieben habe, vielleicht hat sich das ja geändert.

Auch die Bezahlung für die Erstellung von Texten mit Direct und Team Orders ist im Vergleich zum Aufwand mickrig. Lohnt sich das Texten bei Textbroker überhaupt? Ist es ein netter Nebenverdienst oder nicht einmal das?

Kannst du von Textbroker leben?

Jetzt willst du natürlich wissen, ob du von der Texterstellung bei Textbroker leben kannst.

Ja, vor allem am Anfang hast du nicht die Skills, um einen Blogartikel zügig und qualitativ hochwertig zu schreiben.

Ja, es gibt Texter bei Textbroker, die bereits gute Erfahrungen gemacht haben und tatsächlich davon leben können. Die texten schon eine Zeit lang und haben sich einen Namen auf der Plattform gemacht.

Ja, es dauert, bis man an die lukrativeren Aufträge kommt, aber sie kommen… so heißt es.

Bis du dort hinkommst, arbeitest du für absolute Dumpingpreise. Und für diese Preise erwarten Kunden hohe Qualität. Wehe, wenn nicht. Dann liest du in einem Forum aus Sicht vom Auftraggeber: „Mit viel Glück findest du gute Texter, mit Pech erwischst du einen der vielen Dumpfbacken auf Textbroker.“ Sehr nett. Da bin ich lieber eine Dumpfbacke, die gut verdienen möchte. Das kannst du auf Textbroker de facto nicht.

Bei dem Verdienst und der Einstellung den Dienstleistern gegenüber ist jegliche Motivation im Keller. Warum sollen sich Autoren die Mühe machen, für solche Preise ordentliche Arbeit zu liefern?

Nach der ersten Ernüchterung auf Textbroker war ich unsicher. Was sagen routinierte Texter zu der Börse? Dank Google stieß ich auf Lilli Koissers Blog. Ihr Artikel zum Thema, was ein Text wert ist, hat mich sofort angesprochen.

Anders als Lilli verabschiedete ich mich nicht sofort wieder von Textbroker. Ich sah die Plattform als Blogartikel-Bootcamp und Crashkurs, da ich ja keine Erfahrung hatte. Nach 13 Texten und (damals) € 245,85  habe ich mich verabschiedet, denn es war klar: Textbroker ist nicht meine Zukunft.

Erfahrung mit Textbroker

Wie ein Text bei Textbroker entsteht

Falls du immer noch unsicher bist, ob Textbroker richtig für dich ist oder nicht, habe ich noch ein paar Gründe, nicht für die Plattform zu schreiben. Alleine der Ablauf für einen einzigen Text ist die Mühe nicht wert.

    1. Auftrag aussuchen: Textbroker wirbt ja damit, dass du dich nullkommajosef um die Akquise kümmern musst. Allerdings willst du ja Aufträge annehmen, die zu dir, deinen Interessen und Fähigkeiten passen. Das ist meistens nicht der erste Auftrag, auf den du klickst, sondern der zweite, fünfte oder zehnte. Auch das dauert seine Zeit.
    2. Briefing: Du hast endlich einen Auftrag gefunden, der zu dir passt. Du liest dir das Briefing durch. Mit einer XXL-Portion Glück ist es so formuliert, dass du nach einmaligem Durchlesen verstehst, was der Auftraggeber von dir will. Wenn ein Briefing allerdings drei Zeilen kurz ist, brauchst du einen Mentalisten, um das herauszufinden.
    3. Recherche: Du wirst nie einen Auftrag ergattern, bei dem du nicht recherchierst. Niemals. Selbst wenn du alles über das Thema Hundekrallen schneiden weißt, da du die Prozedur 1001-mal mit deinem Wuff vollzogen hast. Du recherchierst trotzdem wie eine Bekloppte und schaust fünf Mal nach, in welchem Winkel du die verdammte Kralle schneiden musst. Für wie viele Aufträge machst du das, bevor dir klar wird, dass Kunden und Textbroker die Recherchearbeit nicht in ihre Kalkulation mit einberechnen? Ich glaube, dass manche Kunden meinen, dass wir als Autoren die gesamte Encyclopedia Galactica aus Per Anhalter durch die Galaxis in unseren Köpfen herumschleppen.
    4. Schreiben: Erst jetzt sind wir beim Schreiben angelangt. Du packst all dein Wissen in den Artikel und haust in die Tasten.
    5. Korrigieren und Lektorieren: Der Abgabetermin rückt näher, du liest den Artikel am nächsten Tag durch und bringst Ordnung rein: Rechtschreibung, Grammatik, Keywords unterbringen. Laut vorlesen. Textblöcke hin-und-herschieben, Sätze streichen, kürzen, bessere Metaphern wählen. Die 1000 Wörter anpeilen. Zwischenüberschriften. Formatieren, noch mal laut vorlesen. Und dann schickst du das Ding weg und bist nervös, weil du nicht weißt, ob der Auftraggeber den Text annimmt oder nicht.
    6. Änderungswünsche: Dass ein Kunde Änderungswünsche hat, ist normal. Oft sind die Wünsche ähnlich hilfreich formuliert wie das Briefing. 😒

Dafür bekommst du € 15.

Lohndumping at its best.

Professionelle Webtexte verfassen heißt nicht nur in die Tasten hauen, bis du bei der Marke 1000 Wörter angelangt bist und fertig. Nicht nur das Texten selbst ist die Mühe nicht wert. Auch das Drumherum auf textbroker.de ist beschwerlich.

Weitere Nachteile von Textbroker

  • Kunden abwerben: Du und dein Auftraggeber dürft keine Deals außerhalb von Textbroker machen. Ihr kommuniziert im überwachten (! Hello Big Brother!) System von Textbroker. Beide Seiten dürfen nicht über persönliche oder geschäftliche E-Mail-Adressen miteinander kommunizieren. Schreibt jemand von euch eine Nachricht à la „Hey, machen wir die nächsten Texte ohneTextbroker“, fliegt ihr raus.
  • Referenzen: Du darfst die Kunden fragen, ob du den Text als Referenz für deine Website hernehmen kannst. Ganz ehrlich: Die Texte, die ich für die Plattform geschrieben habe, will ich nicht in meinem Portfolio. Nicht, dass sie schlecht sind, aber das Schreiben für die Börse hat mehr mit Fließbandarbeit zu tun, als mit qualitativ hochwertigen Texten.
  • Unique Content: Kann man die Texte unter Unique Content verkaufen? Du recherchierst so viel wie es in den knappen Zeitangaben bis zum Abgabetermin geht (3 Tage sind oft schon viel), arbeitest das Briefing brav ab und streust zum Schluss die Keywords ein. Mittlerweile können das ChatGPT und Co innerhalb von Sekunden.
  • Briefings: Ich muss die Briefings noch einmal extra erwähnen. Die sind zum Teil unter aller Kritik. Das Feedback der Auftraggeber zu meinen Texten war gut. Mit Ausnahme des Auftraggebers des oben erwähnten 3-Zeilen-Briefings. Vorher keine konkreten Angaben zum Stil des Textes und dann kommt zurück, dass die Sätze zu „kindlich“ wirken, weil sie zu kurz sind. Obwohl sonst eine der goldenen Regeln fürs Texten im Internet ist: kurze Sätze. Ich neige sicher nicht dazu, dass meine Sätze zu knapp sind. Wenn überhaupt, dann sind sie zu lange. 😅
  • Bezahlung nach Wortpreisen: Für Texter gibt es meistens 3 Möglichkeiten zur Bezahlung: Nach Wortanzahl, Stundensatz oder pauschale Preise für z. B. einen Blogartikel. Ich bin ja eine große Verfechterin des dritten Modells. Die Bezahlung nach Worten ist meiner Meinung nach Unsinn, weil es ganz auf den gewünschten Stil des Textes ankommt. Es gibt Texte, die sehr kurz sind. Das erfordert oft mehr Raffinesse und auch Zeit als ein langer Text, in dem viel geschwafelt wird. Wir würden den Erfinder des Slogans “Red Bull verleiht Flügel” ja auch nicht nach Worten bezahlen. Andererseits gibt es auch Texte die durch Ausschweifungen erst lebendig werden. Auch die Bezahlung nach Stundensatz finde ich schwierig. Mit mehr Erfahrung schreiben wir meistens schneller. Das würde einen geringeren Lohn bedeuten oder einen sehr hohen Stundensatz, der einige Kunden abschrecken könnte. Die Kunden wissen ja nicht, ob du für einen Text 2 oder 10 Stunden brauchst. Bei pauschalen Preisen legst du den Preis eines Textes vorher fest, unabhängig von Wortanzahl oder Stunden. Das ist für Kunden und Autoren transparent.

Texter werden bei Textbroker: Es zahlt sich nicht aus

Nach den 13 Texten habe ich aufgehört.

  • Ich wollte meine Zeit sinnvoller nutzen und habe sie in den Aufbau meiner Website und Weiterbildung investiert.
  • Wenn ich mich für diese Preise hergebe, bin ich Teil des Problems. Kunden sind der Meinung, dass die Dumpingpreise normal sind.
  • Das ist meinen Texterkollegen gegenüber nicht fair, die mit besagten Kunden zu kämpfen haben. Auch außerhalb von Textbroker.

Ich verurteile Textbroker nicht als Teufelszeug. Wenn du noch gar keine Erfahrung mit dem Texten hast, kannst du reinschnuppern. Auszahlen tun sich Plattformen wie Textbroker und content.de aber nicht.

PS: Nach Open-Order-Regel hätte ich für diesen Text übrigens € 23,40 verdient. Spiderman hat sich nie gemeldet.

Hast du als Texter oder Auftraggeber schlechte oder gute Erfahrungen gemacht? Wie stehst du zu Plattformen wie Textbroker oder content.de? Schreib deine Antwort gerne in die Kommentare!